"Feuerwehrler: Verdammte Gaffer! Irre Anfeindungen!
München
- In der fünften Folge unserer Feuerwehr-Serie klagen ehrenamtliche
Lebensretter über Gaffer am Einsatzort. Und: Sie ärgern sich über
Bürger, die sie im Einsatz anfeinden.
Der Tod des Feuerwehrmanns Michael Herklotz (46) aus Anzing (Kreis Ebersberg) hat viele Menschen bestürzt.
In der Folge wollten wir wissen, welche Belastungen die ehrenamtlichen
Lebensretter erdulden müssen. Nach unserem Aufruf erreichte uns eine
unerwartet große Zahl an Zuschriften, in denen Feuerwehrmänner und
-frauen extreme Belastungen schildern, denen sie ausgesetzt sind. Dabei
gehen den Feuerwehrleuten längst nicht nur die schlimmen Bilder von
Verletzen und Toten an die Substanz. Zunehmend machen den Rettern die
mangelnde Anerkennung, die Vorurteile und Intoleranz mancher Bürger, die
Anfeindungen im Einsatz sowie die bürokratischen und
(kommunal-)politischen Schikanen zu schaffen.
Anwohner beschwert sich: Löscharbeiten sind zu laut!
Man
möchte es kaum glauben: Da löscht die Feuerwehr ein brennendes Haus.
Und einem Anwohner ist der Rettungseinsatz zu laut. Außerdem berichtet
uns ein Feuerwehrler über Bürger, denen in der Nacht das Martinshorn zu
laut ist.
"Wir wurden nachts zum Brand
einer größeren Scheune gerufen. Der Besitzer wohnte neben dieser Scheune
und ließ sich nicht blicken. Während die Löscharbeiten auf
Hochtouren liefen, kam seine Frau aus dem Wohnhaus und bat uns, leiser
zu sein, weil ihr Mann (der Eigentümer!!) schlafen möchte.
Diese Geschichte hat sich wirklich so abgespielt. Als Feuerwehrmann, der
sich die Nacht um die Ohren schlägt und auch keinen Schlaf findet,
möchte man in so einem Moment am liebsten alles zusammenpacken und die
Bude abbrennen lassen.
In einem anderen Fall hat sich ein Bürger beschwert, weil wir nachts auf der Anfahrt zum Einsatz das Martinshorn benutzen.
Allerdings machen wir das wirklich nur in schwerwiegenden Fällen, z.B.
Verkehrsunfall mit eingeklemmter Person, aber nicht bei einer Ölspur.
Aber scheinbar fühlte sich dieser Bürger, der selber einmal bei unserer
Feuerwehr war und im Gemeinderat sitzt, durch uns gestört. An Fasching
fährt er aber mit seinem Traktor und dem Faschingswagen stundenlang
durch die Ortschaft und macht dort seinen privaten Faschingsumzug mit
einer lauten Musik, dass die Fensterscheiben wackeln. Dass sich dadurch
jemand gestört fühlen könnte, ist ihm völlig egal. Doch im Vergleich zum Faschingswagen rückt die Feuerwehr nicht zum Vergnügen aus."
Anonym
Feuerwehrler: Gaffer zeigt seinem Sohn Todesopfer an Unfallstelle
Erst vor kurzem sorgten Gaffer bei einem Unfall in Schongau
für Ärger. Dort behinderten sie sogar den Rettungseinsatz. Die
Feuerwehr musste extra Decken zum Hubschrauber tragen, um die Verletzten
vor den Blicken der Schaulustigen zu schützen. Dass so etwas kein
Einzelfall ist, berichtet uns ein Feuerwehrler aus dem Kreis Erding.
"Wir
wurden damals auf eine Verkehrsunfall alarmiert. Nach kurzer Anfahrt
waren wir vor dem Rettungsdienst an der Einsatzstelle. Der Auftrag, der
mir zuteil wurde, war die Erstversorgung der noch im Fahrzeug
eingeklemmten Person. Als dann der Rettungsdienst wenig später eintraf,
übergab ich den Patienten, half dann bei der technischen Rettung. Das
Verletzungsbild des Patient hat mich dann derartig schockiert, dass ich
mich anschließend zurück ziehen und mich erst mal sammeln musste. Dann
hörte ich von hinten, wie ein Passant der hinter der Absperrung stand
sagte.: 'Wenn der Feuerwehrler nicht so viel rumsitzt und mehr arbeitet,
kommen wir auch schneller weg, faule Säcke... Ich bin aus allen Wolken
gefallen.... Null Achtung, null Respekt.
Und
dann noch eine Geschichte: Es war auch wieder ein Verkehrsunfall, wo es
leider ein Todesopfer gab. Die Kollegen kämpfen gerade um das Leben des
Fahrers. Sie reanimieren ihn. Als sich ein Gaffer und sein Sohn an die
Einsatzstelle 'verirrt' haben, sagt der Vater ernsthaft: "Schau mein Sohn: so sieht ein Toter aus!” Auf den Pfiff des Einsatzleiters wird nicht reagiert. Erst nachdem die Polizei eingegriffen hat, ist der Gaffer unter großem Protest gegangen."
Feuerwehrler aus dem Kreis Erding
Feuerwehrler: Immer wieder wurden Fotos vom tödlichen Unfall gemacht
Kennen
Gaffer eigentlich so etwas wie Pietät? Das muss man sich angesichts der
Schilderung eines Feuerwehrmannes aus Greiling (Kreis Bad
Tölz-Wolfratshausen) ernsthaft fragen. Er berichtet von Gaffern, die bei
einem tödlichen Unfall ständig fotografierten. Die Feuerwehr musste
das Fahrzeug immer wieder abdecken:
"Es gibt Einsätze, da würde man lieber den Alarm nicht hören... . So geschehen im Spätherbst 2014,
als der Alarm kam: Verkehrsunfall mit eingeklemmter Person auf der B472
nahe Bad Tölz. Als wir am Nachmittag gegen 14:30 Uhr an die
Einsatzstelle kamen, sah ich zuerst nur einen LKW-Kran stehen. Als ich
dann auf die andere Seite sah, entdeckte ich das Unfallfahrzeug. Die
Helfer des Roten Kreuzes schüttelten nur noch den Kopf, als wir zu dem
Fahrzeug eilten. Die eingeklemmte Person war bereits verstorben. Ich bin
schon 18 Jahre bei der Freiwilligen Feuerwehr, aber solch ein Bild habe
ich noch nie gesehen.
Wir
sicherten die Unfallstelle ab, warteten auf den Unfallgutachter, und
mussten den Leichnam aus dem Fahrzeug befreien. Der Einsatz zog sich
über mehrere Stunden. Und immer wieder mussten wir das Fahrzeug wieder abdecken, da Fotos vom Fahrzeug gemacht wurden.
Das Schlimme bei diesen Einsätzen ist das Umgehen mit den Gedanken, die
kann dir keiner nehmen, und die Familie Zuhause leidet mit, Tage lang.
Feuerwehrler aus Greiling
"Feuerwehrverbot" vom Arbeitgeber: "Die Existenz der Firma ist wichtiger, als jedes Menschenleben!"
"Ich
bin jetzt seit nunmehr vier Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr
Oberschleißheim und fahre seit zwei Jahren aktiv Einsätze. Auch in der
örtlichen Bereitschaft und der DLRG bin ich tätig. In allen drei
Organisationen wurde ich bis jetzt immer mit einem konfrontiert: Nämlich
der Verständnislosigkeit und dem Egoismus anderer Menschen.
Wir
verlangen ja nicht, dass uns jeder als Held sieht oder sich jeder, dem
wir helfen, mit einem riesen Präsentkorb belohnt. Nein, wir machen das
alles letztendlich ehrenamtlich, weil wir alle uns berufen sehen,
unseren Mitmenschen in der Not zu helfen. Am meisten rühren mich ältere
Leute, die sich extrem freuen, wenn man ihnen nur einen kleinen Gefallen
getan oder die Tür geöffnet hat, weil der Ofen noch lief und sie sich
ausgesperrt haben.
Von besonders jüngeren und den Erwachsenen (besonders Geschäftsleuten) bekommt man jedoch leider immer mehr Egoismus zu spüren. Dann hört man solche Sätze:'
- 'Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit'
- 'Macht es ihnen Spaß, die Straße grundlos zu sperren?'
- 'Sie machen das Blaulicht auch nur an, um schneller von A nach B zu kommen'
- 'Wieso hat das denn so lange gedauert?'
Am
meisten schockierte mich ein Vorfall vor einigen Jahren. Damals
arbeitete ich als Praktikant in einem Fotostudio und begann jeden Morgen
um 9 Uhr mit der Arbeit. Am nächsten Tag stand ein wichtiges Shooting
an, jedoch wurde ich schon um 6 Uhr von meinem Funkmeldeempfänger aus
dem Schlaf gerissen. 'Verkehrsunfall mit Gefahrgut LKW. Eine Person
eingeklemmt' hieß es. Ich fuhr daraufhin ins Feuerwehrhaus und bin mit
meinen Kollegen, der Feuerwehr Garching, Hochbrück, Badersfeld,
Berufsfeuerwehr München und dem ABC-Zug zur Unfallstelle auf der A9
gefahren. Das Führerhaus des LKW war komplett abgerissen und der Fahrer
darin eingeklemmt. Dem PKW-Fahrer, der mit in den Unfall verwickelt war,
ist Gott sei Dank nichts passiert. Die Feuerwehr Garching übernahm die
Rettung des LKW. Unsere Feuerwehr übernahm die Verkehrsabsicherung und
Umleitung von der Autobahn. Auch hier wurden wir wieder wüst beschimpft.
Wohlwissend,
dass dieser Einsatz länger dauern könnte, gab ich gegen 8 Uhr in der
Arbeit Bescheid, dass es bei mir später werden könnte. Unser Kommandant
organisierte, nachdem die meiste Arbeit erledigt war, eine
Fahrgelegenheit, für alle die dringend in die Arbeit mussten. Um ca. 9
Uhr bin ich dann von der Einsatzstelle weggekommen. Da jedoch Richtung
Oberschleißheim sich alles gestaut hatte und ich mich auch noch duschen
musste, kam ich dann erst gegen halb 11 in der Arbeit an.
Dort wurde ich dann auch gleich zum Gespräch gebeten. Man sagte mir, dass so ein Verhalten nicht akzeptabel sei. Es gehe bei den Jobs um die Existenz der Firma.
Auch nach meiner Erklärung der Schwere des Unfalls und der
Dringlichkeit schneller Hilfe wurde ich abgeblockt und bekam Sprüche
vorgetragen, die mich fast aus den Schuhen geschmissen hätten:
- 'Die Existenz der Firma ist wichtiger, als jedes Menschenleben'
- "Du bist nur einer von vielen, ohne dich hätten sie es genauso geschafft"
- 'Wenn nicht genügend Leute da sind, dann muss das eben die Berufsfeuerwehr machen.'
- 'Keine Gemeinde der Welt kann mir den Schadensersatz zahlen, wenn mir der Job gekündigt wird.'
Daraufhin wurde mir wörtlich 'Feuerwehrverbot' erteilt.
Mir wurde auferlegt, an keinen Einsätzen mehr, weder während der Arbeit
noch danach oder in der Nacht, teilzunehmen. Begründet wurde dies
folgendermaßen: 'Du musst dich schließlich in der Nacht erholen, damit
du fit bist in der Arbeit'.
Ich
war nach dem Gespräch so geplättet und hab wirklich an sämtlicher
Menschlichkeit gezweifelt, aber mir auch ernsthaft überlegt, was wohl
gewesen wäre, wenn mein damaliger Chef in dem LKW gewesen wäre. Weil
wenn diejenigen selbst mal in Not geraten, sind Sie dankbar um jeden der
hilft, und dieser soll am besten alles liegen und stehen lassen.
Kaum
einer weiß, wie stark die Belastung in der Feuerwehr, dem
Rettungsdienst oder der Wasserrettung ist. Du musst an 365 Tagen im Jahr
24 Stunden in jedem Augenblick 200 Prozent geben können. Wenn man Glück
hat, startet man seine Einsätze mit Feuermeldern, Ölspuren, leichten
Auffahrunfällen und arbeitet sich an Schlimmeres ran. Aber man kann auch
gleich an seinem ersten Tag mit einem schweren Verkehrsunfall mit
mehreren Verletzten und Toten konfrontiert werden. Keiner fragt
nach, warum die Fahrbahn gesperrt ist oder wir gerade den Weg
blockieren. Jeder will nur sein Handy zücken und Fotos machen anstatt zu
helfen oder einfach nur rechtzeitig ankommen.Dass ein paar Meter weiter um das Leben eines Menschen gekämpft wird, das interessiert doch keinen.
Und
dass man in der Nacht Beschwerden erhält, wenn man mit Martinshorn
fährt, weil andere Leute schlafen wollen, das ist auch schon Alltag.
Zumal wir die alle anscheinend aufwecken. All diese Dinge sind mir in
nicht mal zwei Jahren passiert. Ich will gar nicht wissen, was da erst
ein alter Hase sagt. Vermutlich könnte er darüber ein ganzes Buch
schreiben. Fakt ist und bleibt, dass der Job sich stark geändert hat und
viele Leute, welche Verständnislosigkeit und Egoismus an den Tag legen,
die Leute verdrängen, welche dankbar sind für das, was alle Mitglieder
in Hilfsorganisationen nicht nur hauptamtlich, sondern vor allem
ehrenamtlich leisten. In diesem Sinne: Gott zur Ehr' dem nächsten zur
Wehr!"
Marco Thalmeier, Oberschleißheim
Feuerwehrfrau: Wir sind doch keine Feierwehr!
Eine
Feuerwehrfrau aus dem Raum München beklagt sich über Vorurteile von
Bürgern. Sie stellt klar: Die Freiwillige Feuerwehr trifft sich nicht
nur zum Saufen!
"Ich gehöre
einer Freiwilligen Feuerwehr im Raum München an und bin selber
seit sieben Jahren dabei. Seit kurzem auch im aktiven Dienst. Ich habe
noch keine richtigen Einsätze mitverfolgen können, aber ich bekomme die
Urteile der Bürger sehr gut mit! Viele von Ihnen haben einfach nur
Vorteile gegen die Feuerwehr, sie wissen einfach nicht genau, welch
einer Belastung wir eigentlich ausgesetzt sind. Aber ja, wir sind ja
laut der Bürger eine FEIERWEHR! Weil die Kameraden einmal ein Bier
trinken. Wow! Die Mitbürger der jeweiligen Gemeinden sollten einfach zu
ihrer zuständigen Feuerwehr gehen und sich erkundigen und somit einen
Einblick bekommen, was wir eigentlich leisten müssen! Es ist einfach nur
unverschämt, solche Vorurteile zu hören! "
Feuerwehrfrau aus München"