Wer entscheidet, wenn sich die Frage nach „Leben oder Tod“
stellt.
Häufig habe ich es im Bereich der
Akut-, Notfall- und Intensivmedizin erlebt, dass es eine extrem schwierige
Frage ist, wenn Menschen über die Frage „Leben oder Tod“ eines geliebten
Menschen entscheiden müssen. Häufig wurde vorher dieses Thema tabuisiert. Das
Thema Tod wird meines Erachtens nach in der Allgemeinheit eh viel zu häufig
verdrängt und in eine andere Schublade gepackt. Was auch verständlich ist, wer
setzt sich schon mit so einem mitunter schmerzhaften Thema gern auseinander,
wenn man nicht im Bereich Medizin, Seelsorge oder verwandter Arbeitsbereiche
tätig ist? Niemand, oder zumindest nur die wenigsten Menschen.
Und dennoch ist dieses Thema ein
genauso natürliches Thema, welches schlussendlich für jeden Menschen zum Leben
dazugehört. Im Leben lässt sich vieles ändern, das Leben kann durch
verschiedene Faktoren beeinflusst und gelenkt werden. Der Lebensweg kann durch
unterschiedliche Aspekte positiv als auch negativ beeinflusst werden. Was
jedoch unweigerlich zum Leben dazu gehört sind zwei entscheidene Momente, die
Geburt und der Tod. Um diese beiden Faktoren des Lebens ist bis lang noch kein
Mensch herum gekommen. Daher finde ich es immer wieder erschreckend, wie wenig
man sich eigentlich über das Thema Tod informiert und wie wenig darüber
kommuniziert wird.
Im Zweifelsfall bedeutet dies, eine
schwere psychische, seelische, mitunter auch körperliche Beanspruchung von
Kräften. Wer entscheidet schon gern über den „Kopf hinweg“, ob der Vater, die
Mutter, der Lebenspartner, …, sich für das Leben entschieden hätte oder für den
Tod. Wer möchte entscheiden, ohne den eigenen Willen zu kennen, ob der liebe
Angehörige es bevorzugen würde, maschinell beatmet zu werden, lebenslang ein
Pflegefall zu werden oder ob er es in dieser Ausnahmesituation doch bevorzugt
hätte zu sterben, ohne langes leiden, nur mit einer Schmerztherapie.
Häufig können Angehörige in solchen
Situationen nur von dem mutmaßlichen Wille ausgehen. „Mein […] hätte wohl
gewollt, dass …“. Aber was genau er wollte, wollen würde oder auch nicht, ist
nur wenigen ganz klar bewusst und nur wenige sprechen auch darüber.
Ein Spruch, der mich schon lange
begleitet lautet wie folgt „Lieber ein Ende mit Schreck, als ein Schrecken ohne
Ende.“ Dieser Spruch verdeutlicht, was manch einer denkt, aber nur die
wenigsten aussprechen wollen.
Aber was kann man dagegen tun?
Natürlich in erster Linie mit den wichtigen Menschen, mit den „liebsten“
darüber sprechen, wie man sich in einem Fall entscheiden würde, wenn man selbst
nicht mehr die Entscheidungen treffen kann. Wenn man mitunter schon an der
Beatmungsmaschine hängt. Wenn eventuell die Maschinerie der Intensivmedizin
schon ins Laufen gekommen ist. Was sollte man dann als Angehöriger und
Verantwortungsträger entscheiden.
Natürlich möchte ich an dieser Stelle
keinen Arzt angreifen oder ins negative Licht stellen, ganz im Gegenteil,
jedoch kommen von ärztlicher Seite manche Entscheidungen auch vorschnell, eventuell
der Gedanke an Organtransplantationen. Man sollte also nicht immer darauf
vertrauen, dass man in entsprechenden Situationen auf wertneutrale und
objektive Meinungen von Medizinern zurück greifen und vertrauen kann. Daher ist
das Gespräch mit den Angehörigen schon einmal ein erster Schritt.
Als zweiten Punkt, was man einfach
tun kann, um Angehörige nicht vor schwere ethische Entscheidungen stellen zu
müssen ist die Lösung mit Hilfe einer Patientenverfügung. Diese kann man jeder
Zeit rückgängig machen. Sollte es jedoch zu dem Fall kommen, dass der Angehörige
eine Entscheidung (über Leben oder Tod) entscheiden muss, hat er so einen
sicheren Anhaltspunkt zum Verhalten, zur Entscheidungsfindung. Eine
Patientenverfügung hört sich im ersten Moment so einfach an, jedoch nimmt dies
dem Entscheidungsträger mit unter den Druck und auch eine Art an Zweifel, wie
er reagieren und schlussendlich entscheiden soll. Mit Hilfe der Patientenverfügung
hat der Angehörige sogar eine mehr oder weniger juristische „Absicherung“
insofern die Patientenverfügung den Kriterien entspricht und auch in den
einzelnen Punkten eingehalten wird / wurde.
Auch entfallen mit einer
Patientenverfügung gegebenenfalls Gewissensprobleme nach dem eine entsprechende
Entscheidung getroffen wurde. Es ist für Angehörige (ohne einen entsprechenden
Hinweis auf den Willen des Patienten) häufig auch ein Gewissenskonflikt und
beispielsweise nach der Entscheidung, dass lebenserhaltende Maßnahmen
abgebrochen werden auch eine große psychologische Belastung, im schlimmsten
Fall macht der Entscheidungsträger nach einer entsprechenden
Entscheidungsfällung Selbstvorwürfe. Dies müsste jedoch nicht sein, wenn eine schriftliche
Verfügung mit dem Patientenwillen vorliegen würde.
Ich kann jedem nur ans Herz legen,
sich Gedanken zu diesem Thema zu machen und mit potentiellen
Entscheidungsträgern ein Gespräch über dieses Thema zu führen. Es ist nicht nur
für Sie gut, sondern es erleichtert und vereinfacht auch vieles für den
Entscheidungsträger.
Wenn Sie sich näher zu diesem Thema
informieren möchten, habe ich am Ende des Artikels einige Links
zusammengetragen, welche mitunter sehr hilfreich sind und zum Teil auch Formulierungshilfen
darstellen.
Herzliche Grüße
Links:
Information zum
Thema Patientenverfügung auf Wikipedia:
Patientenverfügung.de:
Patientenverfügung.de
- Broschüren zu dem Thema:
Patientenverfügung.de
- Informationsblatt (pdf-Dokument):
Verfügungstexte
- ethikzentrum.de:
Patientenverfügung
- Vorlage auf der Seite des Ministerium der Justiz und für
Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz (MJV):