Montag, 8. Juni 2015

Gebühr für Besuch in der Notaufnahme?

Moin Moin zusammen.



Gerade habe ich im Internet einen Artikel entdeckt, nach dem der Besuch der Notfallaufnahme künftig gebührenpflichtig werden soll. Hier fordert der Hartmannbund eine Gebühr (pauschal). Unabhängig davon, ob der Patient von Zuzahlungen befreit ist oder nicht. Grundsätzlich soll diese Gebühr entsprechend auch für HARTZ IV- Empfänger etc. anfallen.


Ich vertrete grundsätzlich auch den Standpunkt, dass Notaufnahmen und der Rettungsdienst gern mal missbraucht werden. Ich kenne beide Seiten, dafür war ich lange genug im Rettungsdienst tätig, wie später auch in der klinischen Ausbildung u.a. im Bereich Notaufnahme tätig. Wenn man Sonntagmorgen um 6 Uhr eine Alarmierung bekommt mit dem Stichwort "Magen-Darm", man kommt an und bekommt zu hören, dass dies ja schon seit letztem Dienstag so sei, habe ich mir häufiger die Frage gestellt wo die versteckte Kamera sei.

Aber nun ja, man kann nicht alle Patienten über einen Kamm scheren. Dafür gibt es dann auch das krasse Gegenteil, wo sich Patienten denken - ok, ich rufe nicht den Rettungsdienst, sondern den hausärztlichen Bereichtschaftsdienst - dieser diagnostiziert dann eine leichte Magen-Darm-Infektion und ordnet eine Einweisung ins nächste Krankenhaus an. Wenn man in der Wohnung steht und sieht, dass der Patient jedoch ein ganz anderes Problem hat, zum Beispiel einen Infarkt, kann einem manchmal auch die Spucke weg bleiben. Als KTW gekommen, als RTW gefahren ...


Aber nun ja, bevor ich vom eigentlichen Thema abweiche mache ich hier mal einen kurzen Schlussstrich.


Ich finde "JA", die Notaufnahmen / der Rettungsdienst werden ab und an missbraucht und ja, es muss sich etwas tun, weil die zunehme Zahl der Fälle alle überlastet, aber muss man dies auf einer solchen Grundlage tun? Muss man grundsätzlich sagen, SIE MÜSSEN JETZT FÜR EINE NOTFALLBEHANDLUNG ZAHLEN?


In dem zitirten Artikel ist ja die Rede davon, dass es ein durchaus gerechtfertigter Betrag sei für eine solche Dienstleistung. Jedoch wird wohl vergessen, dass der Otto-Normal-Bürger schon hart für sein Geld arbeiten geht, schon bereits für die Krankenkassen etc. zahlt und dadurch auch derartige Leistungen finanziert werden. Was aber anscheinend überhaupt nicht gesehen wird ist, dass eine derartige Regelung zum Scheitern verurteilt ist.


Die, die es wirklich betrifft (etwa befreite Personen) werden so im Notfall die Notaufnahme meiden, auch wenn es sich um ernste gesundheitliche Probleme handelt und so ggf. diese Regelung mit dem Leben bezahlen.


Ich weiss nicht, ob ich hier die Dinge zu verkappt sehe, ich glaube jedoch aufgrund verschiedener Lebensumstände mir ein gutes Bild von der einen als auch anderen Seite machen zu können.


Was auch noch angesprochen werden muss. Es wird hier anscheinend vergessen, dass es noch nicht einmal einen wirklichen Facharzt gibt, sondern lediglich Fachärzte beispielsweise aus den Bereichen Chirurgie, Innere Medizin, etc. Man kann an dieser Stelle noch nicht einmal einen Facharzt für entsprechende "Notfallmedizin" erwarten, wie es sie beispielsweise in England gibt. Natürlich möchte ich an dieser Stelle keine Kompetenzen untergraben oder erfahrene Mediziner (wobei die Realität zeigt, dass 95% der Ärzte in deutschen Notfallaufnahmen eher frisch vom "Hammerexamen" [Asche auf mein Haupt] kommen) in den Schatten stellen, jedoch lässt sich diese Situation etwa mit folgender Situation vergleichen.


Sie merken, dass mit Ihrem Auto etwas nicht stimmt, also fahren Sie in die nächste Werkstatt. Aufgrund dessen, dass es günstiger ist Bäcker, Maurer und Zimmermänner einzustellen, als KFZ-Mechaniker auszubilden, stellt die Firma halt hauptsächlich Bäcker, Maurer, etc. ein. Wenn Sie in die Werkstatt fahren haben Sie zwar die Chanche einen KFZ-Mechaniker anzutreffen, die Wahrscheinlichkeit ist jedoch sehr gering.


So oder so ähnlich lässt sich die Situation vergleichen. Würden Sie dann (in geschildertem Fall) auch noch für die Reperaturarbeit einen besonderen Aufschlag bezahlen wollen, obwohl ihr Autoclub eigentlich die Kosten für die Reperatur übernimmt? Würden Sie dann noch bezahlen wollen unter dem Aspekt, dass es sich um eine (eventuell) gar nicht fachmännische Reperatur bzw. Problembehandlung handelt? Würden Sie dann noch einen Zuschlag bezahlen wollen?


Ich verstehe die Not zwar auch sehr gut, aber wenn man eine Gebühr bezahlt, sollte man zumindest wissen, einen speziell dafür ausgebildeten Arzt vor sich zu haben - auch wenn es viele gute Ärzte in deutschen Notaufnahmen gibt. Ich finde solange es keinen Facharzt für Notfallmedizin (vergleichbar dem englischen System) gibt, sind jegliche Formen von Gebühren überflüssig und komplett ausser Frage. Und selbst, wenn es diesen Facharzt gibt, finde ich, dass Menschen, die von der Zuzahlung befreit sind auch in diesen Sonderfall integriert werden sollten und dies auch an dieser Stelle eine Berücksichtigung findet / finden sollte.


Only my 2 Cent.


Der Link zu erwähntem Artikel:
http://www.derwesten.de/politik/aerzte-fordern-patienten-sollen-in-der-notaufnahme-bezahlen-id10744825.html



Herzliche Grüße
Thomas




Der Artikel im Ganzen:

" Notfallmedizin
Ärzte fordern: Patienten sollen in der Notaufnahme bezahlen

Ärzte fordern: Patienten sollen in der Notaufnahme bezahlen


Essen. Der Hartmannbund plädiert für eine Notfall-Pauschale ohne Ausnahmen. Die erhobenen Gebühren sollen strikt in die Notfallmedizin zurückgeführt werden.

Überlastet und unterfinanziert: Notaufnahmen in deutschen Krankenhäusern beklagen ihren Status als "Lückenbüßer" für Patienten, die ohne tatsächliche Not vorstellig werden oder aber den Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen nicht oder nur unzureichend nutzen.

Daher fordert Dr. Thomas Lipp, Allgemeinmediziner und Vorsitzender des Hartmannbundes Sachsen, die Einführung einer Gebühr für Notfallpatienten: Die Inanspruchnahme des Kassenärztlichen Notdienstes solle pauschal zehn Euro kosten, das Aufsuchen der Notaufnahme künftig 20 Euro.

"Diese Gebühren", betont Lipp im Gespräch mit unserer Reaktion, "sollen nicht dazu genutzt werden, um irgendjemandes Bezüge zu erhöhen, sondern komplett in die Notfallmedizin zurückgeführt werden." Die Krankenkassen sollen dann jeweils zum Ende eines Quartals oder Jahres angefallene Gebühren einziehen. Das diene "dem Erhalt der im internationalen Vergleich guten Strukturen" und dem Zweck, dass jeder in Deutschland weiterhin gleichermaßen versorgt werden könne.
Ausnahmslos alle sollen belangt werden

Geht es nach Lipp, sollen dabei ausnahmslos alle belangt werden - auch jene, die die Krankenkasse von der Zuzahlungspflicht befreit, wie etwa Hartz-IV-Empfänger. Die Kosten seien dabei im Verhältnis zum Nutzen für den Patienten "lächerlich gering".

Florian Lanz, der Sprecher des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, hält dagegen. In seinen Augen sei es "ein Unding, dass hier vielen kranken Menschen pauschal 'Missbrauch' (der Notaufnahmen, d. Red.) vorgeworfen wird". Er vermutet: "Vielleicht ist der häufigere Gang in die Notaufnahme ja auch das Ergebnis eines eventuell unzureichenden Wochenenddienstes der niedergelassenen Ärzte. "Bevor die Ärzte fordern, so Lanz weiter, "den Patienten erneut in die Tasche zu greifen, sollten sie erstmal eine seriöse Analyse der Situation und der Gründe auf den Tisch legen.""


Quelle:    http://www.derwesten.de/politik/aerzte-fordern-patienten-sollen-in-der-notaufnahme-bezahlen-id10744825.html


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