Donnerstag, 18. Juni 2015

nachdenklicher Text

Servus miteinander.


Heute habe ich mal einen Text vorbereitet, welcher etwas zum Denken anstoßen soll. Der Text wurde aus der Sicht eines Heimbewohners geschrieben. Mehr erfahrt ihr / erfahren Sie während des Lesens.



"Stumme Schreie


Ich wache auf, um mich herum ist es stockfinster, nicht einen kleinen Spalt haben sie im Rollo gelassen, selbst das Licht der Straßenlaternen muss draußen bleiben. Ein furchtbares Jucken an der Nase hat mich geweckt, aber ich kann mich nicht kratzen, ich kann auch nicht klingeln, um Hilfe zu holen. Vor einem Jahr hatte ich einen Schlaganfall, seit dem bin ich ans Bett gefesselt, kann nicht mehr sprechen, meine Arme und Beine haben starke Kontrakturen, das Schlucken ist sehr mühsam. Darum liege ich in diesem Pflegeheim, tagein tagaus bin ich auf fremde Hilfe angewiesen, nicht die kleinste Bewegung kann ich alleine machen. Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal so enden werde, ja, das hier ist meine Endstation ...

Vor der Zimmertür rumpelt es, ich muss noch einmal eingeschlafen sein. Da öffnet sich auch schon die Tür, die grelle Deckenlampe wird angemacht und ein forsches "Guten Morgen" schallt aus dem Mund der Schwester. Es sind zwei Schwestern. Die eine poltert ins Bad, um die Waschschüssel zu holen, die andere tritt an mein Bett und zieht mit dem Satz: "Jetzt wollen wir mal waschen!", die warme Decke von meinem Körper. Die Luft im Zimmer ist kalt und ich fühle mich nackt und elend, wie gerne würde ich jetzt schreien, leider verstehen die beiden die Sprache meiner Augen nicht. Nun beugen sie sich über mich, um mit der Prozedur des Waschens zu beginnen. Die eine richt nach einem starken süßen Parfüm, die andere wird noch umhüllt vom Knoblauch des Vorabends und der ersten Morgenzigarette.
 
So werde ich zwischen diesen beiden Geruchtsfronten hin und her gerollt. Bald ist mir übel, ich weiß nicht, ob vor Scham und Elend oder ob meine Geruchsnerven die Belastung nicht mehr ertragen. Sie kichern und schwwatzen über meinen Kopf hinweg, ob sie überhaupt wahrnehmen, dass vor ihnen ein hilfloser Mensch liegt. Zu ihrer Unterhaltung haben sie das Radio eingeschaltet, was hier als Musik angeboten wird, bezeichnet unsere Generation als Lärm. Es ist mein Zimmer, es ist mein Radio, aber ich kann mich nicht wehren.

Nach einer endlosen Viertelstunde sind sie endlich fertig, sie haben keinen ganzen Satz mit mir gesprochen, ich kann ja so wie so nicht antworten. Mir ist immer noch übel, mir ist kalt und ich schäme mich über meine Hilflosigkeit. Sie haben vergessen den Lärm aus dem Radio abzuschalten, ich kann nichts dagegen tun. Ich bin vollkommen erschöpft und versuche ich die Welt des Schlafens zu flüchten.

Vielleicht ist heute der Tag, an dem die nette Frau am Nachmittag kommt. Sie legt immer meine Lieblingskassette ein, liest mir vor, streichelt meine Hand und redet mit mir, obwohl ich ihr nicht mit Worten antworten kann, sie versteht wohl die Sprache meiner Augen.

Hoffentlicht ist heute dieser Tag ..."

(Quelle leider nicht bekannt) 




So hart Das auch klingen mag. Man darf nicht vergessen, dass genau diese Situationen (oder ähnliche Situationen) das tägliche Geschäft in deutschen Krankenhäusern und Pflegeheimen darstellt. Ja, nicht in jedem Krankenhaus und nicht in jedem Pflegeheim, jedoch stellt dies auf grund der ständig wachsenen Belastung und des ständig größer werdenden Druckes mehr oder weniger die Realität dar.


An dieser Stelle schmeiße ich auch gleichzeitig eine Frage in den Raum. Wie empathisch können pflegende Kräfte überhaupt sein? Wie empathisch dürfen sie sein, wie sehr dürfen sich Pflegekräfte in den Patienten hineinversetzen? Ist dies nicht mittlerweile - aufgrund der Gesundheitspolitik - ein Grund, weshalb Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser mitunter rote Zahlen schreiben?


Ich kenne diese Situation aus eigener Erfahrung und konnte mir - wofür ich sehr dankbar bin - meine eigene Sicht auf diese Situation verschaffen. Zum einen aus der Krankenhausseelsorge, zum anderen aus der Pflege. Als Pfleger hat man keine Zeit für derartige Tätigkeiten, so scheint es. Die Bürokratie wird immer mehr. Über jedes Kissen-beziehen muss man im Patientenstammblatt einen Vermerk machen, über jedes Anreichen von Tee oder Wasser. Wird auch nur ein Kreuzchen falsch gesetzt oder vergessen, werden Leistungen plötzlich nicht getragen, nicht bezahlt!


Wenn ich an die Zeit im Krankenhaus zurück denke muss ich sagen, dass weniger als 1/3 der Zeit am, bzw. beim Patienten verbracht wird, der Rest der Zeit muss mit Dokumentation, Vorbereitung und Nachbereitung verbracht werden. Ein durchschnittliches Stammdatenblatt eines Patienten, welcher fünf Tage auf einer chirurgischen Station liegt umfasst (inklusive Arztberichte etc.) um die 20 bis 30 Blatt, je nach Pflegeaufwand und Erkrankung. Auf der Intensivstation können es auch mal doppelt so viele sein. Ist das nicht ein krankes System?


Im Gegensatz zur Pflege habe ich wie erwähnt auch die Sicht aus dem Bereich der Krankenhausseelsorge erleben dürfen. Für diese bin ich über zwei Jahre tätig gewesen. Dort konnte und durfte ich erfahren, dass man herzlich aufgenommen wird. Herzliche angenommen wird. Und jederzeit gerne gesehen ist. Aber warum? Nicht, weil man etwa Krankenhausseelsorger ist, nein. Weil man Zeit mitbringt Man hat die Zeit eine gewisse Vertrauensbasis aufzubauen, eine gewisse Beziehung und vorallem, weil man immer etwas ganz besonderes im Gepäck hat. ZEIT.


Leider wird jedoch gerade dies häufig nicht mehr finanziell ermöglicht. Diese Tätigkeit rutscht immer mehr in den ehrenamtlichen Teil ab, immer mehr dieser "Besuchsdienste" werden nur noch auf ehrenamtlicher Basis realisiert. Aber warum? Eigentlich traurig und schade, da auch diese Tätigkeit der Genehsung beiträgt. Vergleicht man einen Patienten, der regelmäßig Besuch bekommt mit einem Patienten, welcher auf sich allein gestellt ist und außer der Bettnachbarn gar keinen sozialen Kontakt nach außen hat - während des KH-Aufenthalten -, so wird man feststellen, dass zweitere Patientengruppe schneller zu Depressionen neigt, was dem Genehsungsprozess auch nicht beiträgt.


Um zu einem Ende zu finden. Ich möchte an alle Pfleger (egal ob Pflegeheim oder Krankenhaus), an alle Ärzte und an weiteres medizinisches Personal appellieren. Denkt / denken Sie daran, dass es sich bei den Patienten nicht um einen Gegestand, nicht um ein Stück Holz oder Metall handelt, sondern um einen Menschen, der - egal in welcher Situation er sich befindet (auch egal, ob sediert, etc.) - auch Würde und Respekt UND einen menschlichen Umgang verdient hat. Auch du kannst morgen an dieser Stelle liegen und würdest dir dies wünschen!!!



In diesem Sinne ... bis die Tage!!!

Mittwoch, 17. Juni 2015

"Wem hilft es, wenn ich Goethe analysiere"

Moin Moin.


Unter der oben bereits aufgeführten Unterschrift ist im März diesen Jahres ein Artikel erschienen, den ich heute im weltweiten Netz gefunden habe.


In dem Artikel heißt es:


" "Wem hilft es, wenn ich Goethe analysiere?"

 
Sie wollten Jura oder Medizin studieren. Doch sie wurden abgelehnt oder bekamen kein Bafög. Nicht alle leben ihren einstigen Traum. Vier Geschichten von der zweiten Wahl von Susan Djahangard


Was willst du mal werden? Jedes Kind, jeder Jugendliche entwickelt irgendwann einen Traum, eine Idee, was er oder sie einmal machen möchte. Doch nicht alle erreichen ihr Ziel. Wie lebt es sich mit der zweiten Wahl?


Wem hilft es, wenn ich Goethe analysiere? 


In der elften Klasse habe ich ein Praktikum im Krankenhaus gemacht. Ich war während einer Gallenblasen-OP dabei und durfte die Gallenblase danach aufschneiden. Nach dieser Woche war ich mir sicher: Ich möchte Ärztin werden. In der Oberstufe habe ich Biologie als Hauptfach gewählt, um mich auf das Medizin-Studium vorzubereiten. Aber ich war naiv: Ich wusste nicht, wie die Zulassung für das Studium funktioniert. 


Mein Abi war mit 2,0 zu schlecht, ich wurde abgelehnt. In Bolivien habe ich dann ein FSJ gemacht und danach in Köln angefangen, Romanistik und Germanistik zu studieren. 


Nach meinem ersten Studienjahr bin ich durch Ostafrika gereist. Dort habe ich deutsche Medizinstudenten getroffen. Eine erzählte mir, dass auch sie erst keinen Studienplatz hatte und deshalb vorher eine Ausbildung gemacht hat. In Uganda habe ich mit einer Ärztin von Ärzte ohne Grenzen gesprochen, die Aids-Waisen betreut. Als ich wieder in Deutschland in der Germanistik-Vorlesung saß, habe ich mich gefragt: Wem helfe ich, wenn ich Goethe analysiere?


Deshalb habe ich mich einen Monat später auf eine Ausbildung als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin beworben. Ich habe Patienten gespritzt, den Blutdruck gemessen und sie gewaschen, Medikamente verteilt und im OP zugeschaut. Die Schule fand ich eher langweilig. Der Unterricht war rein praxisorientiert, immer wenn ich dachte, jetzt wird es interessant, haben wir aufgehört. 


Jedes Semester habe ich mich wieder auf Medizin-Studienplätze beworben. Ich kannte alle Vergabeverfahren in Deutschland: Manchmal zählt nur die Abi-Note, an anderen Unis gibt es Wissenstests oder Bonuspunkte für Praktika und Ausbildung. Auch im Losverfahren werden Studienplätze vergeben, deshalb habe ich jedes Semester Postkarten mit meinem Namen und Studienwunsch an die Unis geschickt. 


Letzten Sommer bin ich zum Bewerbungsgespräch nach Greifswald eingeladen worden. Auf einen Platz kamen drei eingeladene Bewerber, das würde knapp werden! Nach anderthalb Wochen sollte ich per Mail Bescheid bekommen. An dem Tag hatte ich Frühdienst. Nach der Arbeit habe ich auf meinem  Handy  gesehen, dass ich eine Nachricht aus Greifswald hatte. Ich habe gezittert, dass ich die Mail kaum öffnen konnte. Als ich die Zusage gelesen habe, konnte ich es erst mal gar nicht glauben. Dann habe ich mich so gefreut, endlich das machen zu können, was ich seit sechs Jahren wollte, dass mir die Tränen kamen.


Viele haben mich gefragt, ob das nicht schrecklich ist, von Köln nach Greifswald zu gehen. Mir ist das total egal. Ich bin so glücklich, endlich Medizin studieren zu können. In meinem ersten Semester habe ich alles bestanden.  


Ich habe mich oft darüber geärgert, dass ich mich in der Schule nicht stärker angestrengt habe. Aber auch, dass so viele Studienplätze über den NC vergeben werden. Einige Leute studieren Medizin, weil sie gute Noten haben, wollen aber gar nicht unbedingt Ärzte werden. Ich musste sehr lange warten, obwohl das immer mein Traum war. Die Zeit dazwischen hat sich für mich trotzdem gelohnt: In meinem Studium fällt mir vieles leichter, weil ich den Uni- und Krankenhausbetrieb schon kenne. Und ich werde wie andere Kommilitonen während dem Studium keine Zweifel mehr bekommen. Ich weiß, dass ich unbedingt Medizin studieren möchte. 


Jana Lehmann, 23 Jahre "



Quelle:    zeit.de  explizit zum Artikel:   http://www.zeit.de/studium/hochschule/2015-03/studium-zweite-wahl



Montag, 8. Juni 2015

Gebühr für Besuch in der Notaufnahme?

Moin Moin zusammen.



Gerade habe ich im Internet einen Artikel entdeckt, nach dem der Besuch der Notfallaufnahme künftig gebührenpflichtig werden soll. Hier fordert der Hartmannbund eine Gebühr (pauschal). Unabhängig davon, ob der Patient von Zuzahlungen befreit ist oder nicht. Grundsätzlich soll diese Gebühr entsprechend auch für HARTZ IV- Empfänger etc. anfallen.


Ich vertrete grundsätzlich auch den Standpunkt, dass Notaufnahmen und der Rettungsdienst gern mal missbraucht werden. Ich kenne beide Seiten, dafür war ich lange genug im Rettungsdienst tätig, wie später auch in der klinischen Ausbildung u.a. im Bereich Notaufnahme tätig. Wenn man Sonntagmorgen um 6 Uhr eine Alarmierung bekommt mit dem Stichwort "Magen-Darm", man kommt an und bekommt zu hören, dass dies ja schon seit letztem Dienstag so sei, habe ich mir häufiger die Frage gestellt wo die versteckte Kamera sei.

Aber nun ja, man kann nicht alle Patienten über einen Kamm scheren. Dafür gibt es dann auch das krasse Gegenteil, wo sich Patienten denken - ok, ich rufe nicht den Rettungsdienst, sondern den hausärztlichen Bereichtschaftsdienst - dieser diagnostiziert dann eine leichte Magen-Darm-Infektion und ordnet eine Einweisung ins nächste Krankenhaus an. Wenn man in der Wohnung steht und sieht, dass der Patient jedoch ein ganz anderes Problem hat, zum Beispiel einen Infarkt, kann einem manchmal auch die Spucke weg bleiben. Als KTW gekommen, als RTW gefahren ...


Aber nun ja, bevor ich vom eigentlichen Thema abweiche mache ich hier mal einen kurzen Schlussstrich.


Ich finde "JA", die Notaufnahmen / der Rettungsdienst werden ab und an missbraucht und ja, es muss sich etwas tun, weil die zunehme Zahl der Fälle alle überlastet, aber muss man dies auf einer solchen Grundlage tun? Muss man grundsätzlich sagen, SIE MÜSSEN JETZT FÜR EINE NOTFALLBEHANDLUNG ZAHLEN?


In dem zitirten Artikel ist ja die Rede davon, dass es ein durchaus gerechtfertigter Betrag sei für eine solche Dienstleistung. Jedoch wird wohl vergessen, dass der Otto-Normal-Bürger schon hart für sein Geld arbeiten geht, schon bereits für die Krankenkassen etc. zahlt und dadurch auch derartige Leistungen finanziert werden. Was aber anscheinend überhaupt nicht gesehen wird ist, dass eine derartige Regelung zum Scheitern verurteilt ist.


Die, die es wirklich betrifft (etwa befreite Personen) werden so im Notfall die Notaufnahme meiden, auch wenn es sich um ernste gesundheitliche Probleme handelt und so ggf. diese Regelung mit dem Leben bezahlen.


Ich weiss nicht, ob ich hier die Dinge zu verkappt sehe, ich glaube jedoch aufgrund verschiedener Lebensumstände mir ein gutes Bild von der einen als auch anderen Seite machen zu können.


Was auch noch angesprochen werden muss. Es wird hier anscheinend vergessen, dass es noch nicht einmal einen wirklichen Facharzt gibt, sondern lediglich Fachärzte beispielsweise aus den Bereichen Chirurgie, Innere Medizin, etc. Man kann an dieser Stelle noch nicht einmal einen Facharzt für entsprechende "Notfallmedizin" erwarten, wie es sie beispielsweise in England gibt. Natürlich möchte ich an dieser Stelle keine Kompetenzen untergraben oder erfahrene Mediziner (wobei die Realität zeigt, dass 95% der Ärzte in deutschen Notfallaufnahmen eher frisch vom "Hammerexamen" [Asche auf mein Haupt] kommen) in den Schatten stellen, jedoch lässt sich diese Situation etwa mit folgender Situation vergleichen.


Sie merken, dass mit Ihrem Auto etwas nicht stimmt, also fahren Sie in die nächste Werkstatt. Aufgrund dessen, dass es günstiger ist Bäcker, Maurer und Zimmermänner einzustellen, als KFZ-Mechaniker auszubilden, stellt die Firma halt hauptsächlich Bäcker, Maurer, etc. ein. Wenn Sie in die Werkstatt fahren haben Sie zwar die Chanche einen KFZ-Mechaniker anzutreffen, die Wahrscheinlichkeit ist jedoch sehr gering.


So oder so ähnlich lässt sich die Situation vergleichen. Würden Sie dann (in geschildertem Fall) auch noch für die Reperaturarbeit einen besonderen Aufschlag bezahlen wollen, obwohl ihr Autoclub eigentlich die Kosten für die Reperatur übernimmt? Würden Sie dann noch bezahlen wollen unter dem Aspekt, dass es sich um eine (eventuell) gar nicht fachmännische Reperatur bzw. Problembehandlung handelt? Würden Sie dann noch einen Zuschlag bezahlen wollen?


Ich verstehe die Not zwar auch sehr gut, aber wenn man eine Gebühr bezahlt, sollte man zumindest wissen, einen speziell dafür ausgebildeten Arzt vor sich zu haben - auch wenn es viele gute Ärzte in deutschen Notaufnahmen gibt. Ich finde solange es keinen Facharzt für Notfallmedizin (vergleichbar dem englischen System) gibt, sind jegliche Formen von Gebühren überflüssig und komplett ausser Frage. Und selbst, wenn es diesen Facharzt gibt, finde ich, dass Menschen, die von der Zuzahlung befreit sind auch in diesen Sonderfall integriert werden sollten und dies auch an dieser Stelle eine Berücksichtigung findet / finden sollte.


Only my 2 Cent.


Der Link zu erwähntem Artikel:
http://www.derwesten.de/politik/aerzte-fordern-patienten-sollen-in-der-notaufnahme-bezahlen-id10744825.html



Herzliche Grüße
Thomas




Der Artikel im Ganzen:

" Notfallmedizin
Ärzte fordern: Patienten sollen in der Notaufnahme bezahlen

Ärzte fordern: Patienten sollen in der Notaufnahme bezahlen


Essen. Der Hartmannbund plädiert für eine Notfall-Pauschale ohne Ausnahmen. Die erhobenen Gebühren sollen strikt in die Notfallmedizin zurückgeführt werden.

Überlastet und unterfinanziert: Notaufnahmen in deutschen Krankenhäusern beklagen ihren Status als "Lückenbüßer" für Patienten, die ohne tatsächliche Not vorstellig werden oder aber den Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen nicht oder nur unzureichend nutzen.

Daher fordert Dr. Thomas Lipp, Allgemeinmediziner und Vorsitzender des Hartmannbundes Sachsen, die Einführung einer Gebühr für Notfallpatienten: Die Inanspruchnahme des Kassenärztlichen Notdienstes solle pauschal zehn Euro kosten, das Aufsuchen der Notaufnahme künftig 20 Euro.

"Diese Gebühren", betont Lipp im Gespräch mit unserer Reaktion, "sollen nicht dazu genutzt werden, um irgendjemandes Bezüge zu erhöhen, sondern komplett in die Notfallmedizin zurückgeführt werden." Die Krankenkassen sollen dann jeweils zum Ende eines Quartals oder Jahres angefallene Gebühren einziehen. Das diene "dem Erhalt der im internationalen Vergleich guten Strukturen" und dem Zweck, dass jeder in Deutschland weiterhin gleichermaßen versorgt werden könne.
Ausnahmslos alle sollen belangt werden

Geht es nach Lipp, sollen dabei ausnahmslos alle belangt werden - auch jene, die die Krankenkasse von der Zuzahlungspflicht befreit, wie etwa Hartz-IV-Empfänger. Die Kosten seien dabei im Verhältnis zum Nutzen für den Patienten "lächerlich gering".

Florian Lanz, der Sprecher des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, hält dagegen. In seinen Augen sei es "ein Unding, dass hier vielen kranken Menschen pauschal 'Missbrauch' (der Notaufnahmen, d. Red.) vorgeworfen wird". Er vermutet: "Vielleicht ist der häufigere Gang in die Notaufnahme ja auch das Ergebnis eines eventuell unzureichenden Wochenenddienstes der niedergelassenen Ärzte. "Bevor die Ärzte fordern, so Lanz weiter, "den Patienten erneut in die Tasche zu greifen, sollten sie erstmal eine seriöse Analyse der Situation und der Gründe auf den Tisch legen.""


Quelle:    http://www.derwesten.de/politik/aerzte-fordern-patienten-sollen-in-der-notaufnahme-bezahlen-id10744825.html