Donnerstag, 20. November 2014

Entscheidung(en) am Lebensende, ethische Zwiespälte und was man tun kann



Wer entscheidet, wenn sich die Frage nach „Leben oder Tod“ stellt.



Häufig habe ich es im Bereich der Akut-, Notfall- und Intensivmedizin erlebt, dass es eine extrem schwierige Frage ist, wenn Menschen über die Frage „Leben oder Tod“ eines geliebten Menschen entscheiden müssen. Häufig wurde vorher dieses Thema tabuisiert. Das Thema Tod wird meines Erachtens nach in der Allgemeinheit eh viel zu häufig verdrängt und in eine andere Schublade gepackt. Was auch verständlich ist, wer setzt sich schon mit so einem mitunter schmerzhaften Thema gern auseinander, wenn man nicht im Bereich Medizin, Seelsorge oder verwandter Arbeitsbereiche tätig ist? Niemand, oder zumindest nur die wenigsten Menschen.


Und dennoch ist dieses Thema ein genauso natürliches Thema, welches schlussendlich für jeden Menschen zum Leben dazugehört. Im Leben lässt sich vieles ändern, das Leben kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst und gelenkt werden. Der Lebensweg kann durch unterschiedliche Aspekte positiv als auch negativ beeinflusst werden. Was jedoch unweigerlich zum Leben dazu gehört sind zwei entscheidene Momente, die Geburt und der Tod. Um diese beiden Faktoren des Lebens ist bis lang noch kein Mensch herum gekommen. Daher finde ich es immer wieder erschreckend, wie wenig man sich eigentlich über das Thema Tod informiert und wie wenig darüber kommuniziert wird.


Im Zweifelsfall bedeutet dies, eine schwere psychische, seelische, mitunter auch körperliche Beanspruchung von Kräften. Wer entscheidet schon gern über den „Kopf hinweg“, ob der Vater, die Mutter, der Lebenspartner, …, sich für das Leben entschieden hätte oder für den Tod. Wer möchte entscheiden, ohne den eigenen Willen zu kennen, ob der liebe Angehörige es bevorzugen würde, maschinell beatmet zu werden, lebenslang ein Pflegefall zu werden oder ob er es in dieser Ausnahmesituation doch bevorzugt hätte zu sterben, ohne langes leiden, nur mit einer Schmerztherapie.


Häufig können Angehörige in solchen Situationen nur von dem mutmaßlichen Wille ausgehen. „Mein […] hätte wohl gewollt, dass …“. Aber was genau er wollte, wollen würde oder auch nicht, ist nur wenigen ganz klar bewusst und nur wenige sprechen auch darüber.


Ein Spruch, der mich schon lange begleitet lautet wie folgt „Lieber ein Ende mit Schreck, als ein Schrecken ohne Ende.“ Dieser Spruch verdeutlicht, was manch einer denkt, aber nur die wenigsten aussprechen wollen.


Aber was kann man dagegen tun? Natürlich in erster Linie mit den wichtigen Menschen, mit den „liebsten“ darüber sprechen, wie man sich in einem Fall entscheiden würde, wenn man selbst nicht mehr die Entscheidungen treffen kann. Wenn man mitunter schon an der Beatmungsmaschine hängt. Wenn eventuell die Maschinerie der Intensivmedizin schon ins Laufen gekommen ist. Was sollte man dann als Angehöriger und Verantwortungsträger entscheiden.


Natürlich möchte ich an dieser Stelle keinen Arzt angreifen oder ins negative Licht stellen, ganz im Gegenteil, jedoch kommen von ärztlicher Seite manche Entscheidungen auch vorschnell, eventuell der Gedanke an Organtransplantationen. Man sollte also nicht immer darauf vertrauen, dass man in entsprechenden Situationen auf wertneutrale und objektive Meinungen von Medizinern zurück greifen und vertrauen kann. Daher ist das Gespräch mit den Angehörigen schon einmal ein erster Schritt.


Als zweiten Punkt, was man einfach tun kann, um Angehörige nicht vor schwere ethische Entscheidungen stellen zu müssen ist die Lösung mit Hilfe einer Patientenverfügung. Diese kann man jeder Zeit rückgängig machen. Sollte es jedoch zu dem Fall kommen, dass der Angehörige eine Entscheidung (über Leben oder Tod) entscheiden muss, hat er so einen sicheren Anhaltspunkt zum Verhalten, zur Entscheidungsfindung. Eine Patientenverfügung hört sich im ersten Moment so einfach an, jedoch nimmt dies dem Entscheidungsträger mit unter den Druck und auch eine Art an Zweifel, wie er reagieren und schlussendlich entscheiden soll. Mit Hilfe der Patientenverfügung hat der Angehörige sogar eine mehr oder weniger juristische „Absicherung“ insofern die Patientenverfügung den Kriterien entspricht und auch in den einzelnen Punkten eingehalten wird / wurde.


Auch entfallen mit einer Patientenverfügung gegebenenfalls Gewissensprobleme nach dem eine entsprechende Entscheidung getroffen wurde. Es ist für Angehörige (ohne einen entsprechenden Hinweis auf den Willen des Patienten) häufig auch ein Gewissenskonflikt und beispielsweise nach der Entscheidung, dass lebenserhaltende Maßnahmen abgebrochen werden auch eine große psychologische Belastung, im schlimmsten Fall macht der Entscheidungsträger nach einer entsprechenden Entscheidungsfällung Selbstvorwürfe. Dies müsste jedoch nicht sein, wenn eine schriftliche Verfügung mit dem Patientenwillen vorliegen würde.


Ich kann jedem nur ans Herz legen, sich Gedanken zu diesem Thema zu machen und mit potentiellen Entscheidungsträgern ein Gespräch über dieses Thema zu führen. Es ist nicht nur für Sie gut, sondern es erleichtert und vereinfacht auch vieles für den Entscheidungsträger.


Wenn Sie sich näher zu diesem Thema informieren möchten, habe ich am Ende des Artikels einige Links zusammengetragen, welche mitunter sehr hilfreich sind und zum Teil auch Formulierungshilfen darstellen.



Herzliche Grüße





Links:

Information zum Thema Patientenverfügung auf Wikipedia:


Patientenverfügung.de:


Patientenverfügung.de  -  Broschüren zu dem Thema:


Patientenverfügung.de  -  Informationsblatt (pdf-Dokument):


Verfügungstexte  -  ethikzentrum.de:


Patientenverfügung - Vorlage auf der Seite des Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz (MJV):



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